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Missbrauch - die Tat

Da ich von meinen Eltern nie aufgeklärt worden bin, war ich mit all den neuen Gefühlen und was mit meinem Körper passierte, ziemlich überfordert. Meine damalige Vorstellung von Sex war: „Völlig nackt zu sein, wenn ein anderer Mensch dich sieht.“ Ich wusste, dass Männer und Frauen sich auszogen und dabei erregt wurden, aber das war auch schon alles. Es fing alles mit „harmlosen“ Doktorspielen an. Doch die Grenze ist leider viel zu schnell überschritten und dann kommt es zu Überschreitungen, welche uns ein Leben lang verfolgen können.

Eigentlich wollte ich aufhören, eigentlich wollte ich Nein sagen und mich wehren, aber es kam alles ganz anders. Er verlangte von mir, dass ich ihn oral und anal befriedigte und er das auch mit mir machen konnte. Natürlich gehörte das Schlucken von seinem Sperma auch dazu. Einmal steckte er mir seinen Pimmel so tief in den Mund, dass ich mich übergeben musste. Und so ging es immer weiter. Als die Geschlechtsteile durch waren, kam der ganze Körper dran. Ich musste alle seine Öffnungen mit der Zunge verwöhnen. Sein liebstes Spiel war der Mechaniker. Er kniete sich über mich und ich musste an seinem Schwanz saugen, während er sich genüsslich hoch und runterbewegte.

Warum habe ich mich nicht gewehrt? Ich wollte es doch und hatte irgendwie Spass daran – oder doch nicht?  Also bin ich schuld, denn ich hätte es doch verhindern können. Mein Aussehen war mir nie besonders wichtig, aber seit diesem Zeitpunkt begann ich meinen Körper zu zerstören. Ich bin nichts wert, man kann mich benutzen, wie man will. Das Wegschmeissen erledige ich schon alleine. Seit dem Missbrauch konnte ich mir nicht mehr ins Gesicht schauen. Ich fühlte mich wie ein lebendiges Stück Scheisse.

Als ich in den Ferien bei ihm war haben wir es jeden Abend getrieben, zuerst auf dem Klo und dann im Bett. Ich wurde immer abhängiger von ihm und machte alles, was er von mir verlangte, denn ich wollte ihn doch nicht verlieren, meinen einzigen und bis jetzt letzten besten Freund.


Ein Übergriff gleich…


…welcher Art, ob verbal, gewalttätig oder sexuell stürzt das Opfer über eine Felsenklippe hinaus. Es fällt ins Bodenlose und verliert jeglichen Halt. Mit dem folgenden Text versuche ich bildlich zu veranschaulichen, wie sie ein Opfer fühlt. (Mit Opfer meine ich Mann und/oder Frau und mit Partner meine ich auch Partnerin)

Mein eigenes Haus…

…habe ich mit Liebe aufgebaut. Im Garten blühen wundervolle Beziehungen. Ich pflege sie regelmässig, auch die welche ein bisschen abseits wachsen. Meine Türe steht grundsätzlich immer offen, denn ich will meine Zeit nicht alleine und zurückgezogen verbringen. Wenn jemand mit Sorgen zu mir kommt, so nehme ich mir Zeit und höre ihm zu.

Ich liebe es, Leute zu verwöhnen und beschenken. Darum verbringe ich viel Zeit in meiner Küche, meine Besucher sollen sich bei mir wie zu Hause fühlen. Die Stube habe ich gemütlich eingerichtet, mit viel Platz für Gemeinschaft.

Das Schlafzimmer ist der Ort, in dem ich Zeit mit meinem Partner verbringen werde. Er ist am persönlichsten eingerichtet, dort ziehe ich mich zurück, um mich zu erholen. An der Wand habe ich mein Herz aufgehängt, Gedanken und Erlebnisse, die nur mich etwas angehen. Schöne Momente, aber auch Sachen, die mich berührt haben.


Als der Bagger kam…


…ganz plötzlich und unerwartet. Ich habe ihn gehört als er in unsere Strasse eingebogen ist, aber dann war es bereits zu spät. Er fuhr meinen Zaun nieder und ohne zu bremsen in meinen Blumengarten. Damit nicht genug, der Täter durchbrach die Wand zur Küche und danach durchquerte er die Stube und hob die Türe zu meinem Schlafzimmer aus den Angeln


Im Schlafzimmer…


…stellte er seine Maschine stieg aus und fing an meine Erinnerungen von den Wänden zu reissen und sie auf dem Boden zu zertrampeln. Danach setzte er den Bagger wieder in Gang und drehte Kreise, dort wo einmal mein Bett gestanden hatte.

Als er endlich genug hatte, gab er Gas und fuhr so wie er gekommen war aus meinem Haus oder das, was von ihm noch übriggeblieben war.


Die Nachbarn kamen alle…


…und gafften durch das Loch in der Ruine direkt in mein Schlafzimmer. Ganz dreiste wagten sich sogar in den Garten und zerstörten noch den Rest meiner einst so schönen Blumen. Ich konnte nichts tun. Unfähig mich zu bewegen, kauerte ich in der hintersten Ecke meines Zimmers, um mir die Scherben meines Lebens. Die Träume alle zerstört, mit Schlamm und Kot bedeckt. Irgendwie musste ich mich nun schützen, doch ich hatte keine Kraft die Gaffer aus meinem Haus und Garten zu vertreiben.


Als es dunkel wurde…

…holte ich, was ich an Steinen und Geröll finden konnte und schichtete alles vor meinem Haus auf. Danach hob ich davor einen grossen Graben aus, den niemand überqueren konnte. Zusätzlich zog ich Stacheldraht um die Festung, welche einmal mein Leben gewesen war. Damit mich nie mehr jemand verletzen konnte, deckte ich mich mit Waffen ein.

Der Täter war…


…ungefragt in mein Innerstes eingedrungen und hat es zerstört. Mein Herz, meine Sexualität, die ich eigentlich meinem Partner schenken wollte, hat er sich genommen, ohne zu fragen und mit einem Grinsen auf dem Gesicht. „Du hast es doch auch gewollt“.

Er hat meine Persönlichkeit mir, wie ein rohes Ei aus den Händen gerissen und auf dem Boden zerschlagen. Als ich versuchte die Überbleibsel vom Bordstein aufzukratzen ist er mir dabei noch auf die Hände gestanden und hat höhnisch zu mir runtergeschaut und ins Gesicht gespuckt.